Freitag, 24. Mai 2013

Alle auf den Hipster

Um ihrer Freundin Mia beim kalten Drogenenzug zu helfen, quartieren sich die Freunde Eric, Olivia, David (Mias Bruder) und seine Freundin Natalie mitsamt besagter Patientin und ihrem Schäferhund in einer Waldhütte ein. Zwischen Mia und ihrem Bruder herrscht dicke Luft, seit ihre Mutter in einer geschlossenen Anstalt gestorben ist und David sich nicht um sie gekümmert hat. Apropos dicke Luft: weil es in dem Haus nach Aas stinkt, steigen die Männer in den Keller hinunter. Dort entdecken sie Furchtbares: verwesende Tierkadaver hängen von der Decke, und auf einem Tisch liegen eine Schrotflinte und ein mysteriöses Buch namens "Naturom Demonto". Darin findet Eric - mit Vollbart, Holzfällerhemd und Pädo-Brille eindeutig der hipste in der Gruppe - verschiedene satanische Zeichnungen, seltsame Runen und mehrere Warnungen, nicht laut aus dem Buch zu lesen.

Und was tut er? Er liest laut aus dem Buch.


Soweit die grundlegende Handlung zu Fede Alvarez' Interpretation des Horror-Klassikers "Tanz der Teufel" (englischer Titel: "The Evil Dead") von 1981, der damals sämtliche Grenzen überschritt und in Deutschland bis heute beschlagnahmt ist. Sam Raimi, der Regisseur des Originals und Produzent des Remakes, wurde später übrigens mit Filmen wie der Spiderman-Trilogie, "Drag me to hell" oder "Schneller als der Tod" bekannt, ist also kein ganz unbeschriebenes Blatt. Ebenfalls kein ganz unbeschriebenes Blatt ist Bruce Campbell - Co-Produzent gemeinsam mit Rob Tapert - der 1981 mit seiner Hauptrolle als Ash Williams seinen Kultstatus unter B-Movie-Fans begründete und heute vor allem als Sam in "Burn Notice" in Erscheinung tritt.

Der größte Unterschied zum Original ist neben der etwas anderen Handlung die allgemeine Stimmung: während sich "Tanz der Teufel" abseits des ganzen Gemetzels durch einen absurden Humor auszeichnet, der so typisch für Bruce Campbell ist, fehlt dieser im Remake völlig. Hier gibt es nur staubtrockenen und knüppelharten Splatter ohne ein Fünkchen Witz. Das ist zwar weder besonders gruselig noch spannend, bezieht seine Faszination aber durch die dichte Atmosphäre (ganz altmodisch erschaffen durch strömenden Regen, dunkle Keller und eine staubige Holzhütte), das ziemlich coole Böse und - man kann es nicht abstreiten - die heftige Gewaltdarstellung. Dabei trifft es den armen Eric am schlimmsten, aber der hat den ganzen Schlamassel ja schließlich auch erst ausgelöst. Trotzdem kann er einem ob der vielen unschönen Dinge, die ihm widerfahren, schon mal leidtun. Bei einigen Szenen dürften auch hartgesottene Gorehounds nur mit einem Auge hinsehen können - ein mit Wucht geschwungenes Brecheisen und menschliche Finger vertragen sich beispielsweise ganz schlecht. Das ungekürzte Original darf in Deutschland nach wie vor nicht verkauft werden, das Remake kam mit minimalen Zensuren mit einer Freigabe ab 18 davon - so ändern sich die Zeiten.

Sehr erfreulich: es wurde gänzlich auf CGI verzichtet, und das ist gut so! Allzu oft werden Filme durch miserable computergenerierte Effekte ins Lächerliche gezogen, wie letztens auch "Mama" (der allerdings auch andere Probleme hat). Ebenfalls schön: anstatt alle zwei Minuten auf Schockeffekte zu setzen, wird mehr Wert auf Atmosphäre gelegt. Richtig unheimlich wird es zwar trotzdem nicht, aber das ist eher der Tatsache geschuldet, dass wir das Böse allzu oft zu Gesicht bekommen, und wirklich erschreckend sieht das auch nicht aus. Klar gibt es auch die üblichen Jumpscares, aber die sind meistens gut getimt, wenn auch etwas vorhersehbar. Am schlimmsten sind tatsächlich die zahllosen ekligen Dinge, die die Dämonen sich selbst oder anderen zufügen. Das war aber bei "Tanz der Teufel" auch nicht viel anders.

Die Schauspieler sind in Ordnung, vor allem Jane Levy als Mia macht ihre Sache gut. Wenn man einen starken Magen hat und mit der Brutalität zurecht kommt, ist der Film absolut empfehlenswert. Von mir gibt es jedenfalls 8 / 10 Punkten.

Donnerstag, 9. Mai 2013

Alles Gute zum Muttertag!

Nach einer fünfjährigen Suche nach seinem verschollenen Bruder und dessen zwei Töchtern Victoria und Lilly wird Lucas Desange (gespielt von Nikolai Coster-Waldau; viel zu gut aussehend, um sympathisch zu sein) fündig: in einer Holzhütte im Wald entdeckt man die beiden völlig verwilderten Kinder, die sich wie Tiere bewegen und mit Fauchen und Knurren zu verteidigen versuchen. Dr. Gerald Dreyfuss, ein Psychologe, beschäftigt sich mit dem Fall und erfährt in seinen Sitzungen von "Mama": ein Wesen, das sich in der Abgeschiedenheit um die Schwestern gekümmert hat.
Lucas und seine punkrockende Lebensgefährtin Annabelle (Jessica Chastain) nehmen die Kinder bei sich auf - aber "Mama" ist ziemlich eifersüchtig.

Das also ist - grob umrissen - der Plot von Andrés Muschiettis erstem abendfüllendem Spielfilm mit dem sinnigen Titel "Mama". Der Kurzfilm, auf dem diese Fassung basiert, erschien 2008 und begeisterte die richtigen Leute - in diesem Fall Horror-Guru Guillermo del Toro, der als Produzent fungierte und das Budget von knapp 15 Millionen Euro ermöglichte.

Das größte Problem gleich zuerst: hier ist nicht viel mit subtilem Grusel - wenn die Musik anschwillt und irgendetwas Seltsames passiert, kann man zu hundert Prozent damit rechnen, dass gleich jemand aus den Schatten und vorzugsweise auf die Kamera zuspringt. Dadurch erleidet der Zuschauer zwar viele kleine Herzattacken, aber wirklich durchgängige Spannung und Atmosphäre, wie sie z.B. "Blair Witch Project" oder "Die Frau in Schwarz" erschaffen, will nicht so recht aufkommen, Muschietti jagt das Publikum von einem Jumpscare zum nächsten. Dabei sei ihm zugute gehalten, dass diese teilweise wirklich markerschütternd ausfallen und manchmal sogar an den Schock-König "The Ring" erinnern, aber auch das täuscht nicht darüber hinweg, dass es letztlich doch nur ein billiger Trick ist, umso mehr, da die CGI-Effekte bestenfalls passabel sind.

Dabei hat der Film sonst vieles, was für ihn spricht: die Schauspieler sind in Ordnung (Jessica Chastain ist als Goth zwar gewöhnungsbedürftig, aber doch überzeugend), und die Kamerafahrten sind der Stoff, aus dem Albträume sind. Eine Handvoll Szenen stechen aus den üblichen Horrorklischees hervor und zeugen von Brillanz. "Mama" ist hübsch hässlich und verbiegt sich in Richtungen, in die sich nicht einmal ein Geist verbiegen sollte, und die gurgelnden Geräusche, die sie von sich gibt, gehen gar nicht. Am Antagonisten liegt es also nicht, dass der Film letztendlich doch nur Durchschnitt ist.

Vielmehr ist es das oben beschriebene Problem: Schocks ja, Spannung nein. Das fast ein wenig rührselige Ende wirkt nach der in allen Belangen geradezu dämonischen Darstellung "Mamas" doch ein bisschen aufgesetzt. Und natürlich ist es das alte Spiel: die Charaktere verhalten sich mal wieder dümmer, als die Polizei erlaubt: Die beiden unheimlichen Mädchen, die ich gerade adoptiert habe, singen ein gruseliges Schlaflied im Duett mit einer tiefen Frauenstimme? Da sehe ich doch besser gleich nach! Eine verzerrte Silhouette sagt mir, ich solle im Wald nach Antworten suchen? Na, es ist zwar gerade mitten in der Nacht, aber ich bin schon so gut wie weg.

Ein echter Lichtblick sind die beiden jungen Schauspielerinnen Megan Charpentier und Isabelle Nélisse, die die Schwestern Victoria und Lilly spielen und die besten Momente auf ihrer Seite haben. Aber am Ende bleibt das Fazit: einiges gut gemacht, einiges schlecht gemacht, einiges an Potenzial verschenkt.
Dafür gibt es 5 / 10 Punkten.